Wer beruflich viel und lange unterwegs ist, kann sich freuen. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass beruflich bedingte Reisezeit immer in der tatsächlich angefallenen Dauer erstattet werden muss (BAG 5 AZR 553/17). Dies bedeutet, dass Reisen nicht pauschal mit einem Arbeitstag von 8 Stunden vergütet werden können, wenn sie real wesentlich längere Zeit in Anspruch genommen haben. Allerdings bleiben privat veranlasste Umwege Sache des Arbeitnehmers.
Bauinspektor wird nach China entsandt
Im vorliegenden Fall wurde der technische Mitarbeiter eines Bauunternehmens aus Rheinland-Pfalz auf eine Baustelle nach China geschickt. Da er mit dem angebotenen Direktflug in der Economyklasse nicht einverstanden war, buchte er auf eigene Kosten einen Businessclassflug mit Zwischenstopp in Dubai. Dadurch verlängerte sich die Reisezeit. Das Bauunternehmen wollte die Reisezeit für Hin und Rückflug mit vier Arbeitstagen à 8 Stunden vergüten. Der Mitarbeiter verlangte jedoch Lohn für weitere 37 Stunden für die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur Arbeitsstelle in China und zurück. Sein Anwalt bezog sich dabei auf den Rahmentarifvertrag Bau, nach welchem ihm die gesamte Reisezeit zuschlagspflichtig zu vergüten sei.
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Das BAG ändert seine Meinung
Bereits in vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten hatte das BAG bei Montagearbeiten bestätigt, dass die Reisezeit vergütungspflichtig ist. Allerdings konnte -entweder im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen- für die Reisezeit eine niedrigere Entlohnung vereinbart werden. Das BAG ging dabei davon aus, dass während der Reise keine eigentliche Arbeit erbracht wird. Das aktuelle Urteil des 5. Senats weicht jetzt von früheren Entscheidungen ab. Es wurde klargestellt, dass beruflich bedingte Reisezeiten „wie Arbeit“ zu bezahlen sind, sofern die Reise ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers veranlasst ist. Es ist davon auszugehen, dass damit künftig geringere Entlohnungen für die Reisezeit nicht mehr zulässig sind.
Umwege bleiben Privatsache
In einem Punkt erteilten die obersten Arbeitsrichter dem Kläger und seinem Rechtsanwalt allerdings eine Absage. Wenn er aus privaten Gründen (Businessclassflug) einen Umweg in Kauf nimmt, trifft den Arbeitgeber für die Zusatzzeit keine Vergütungspflicht. Hierbei handelt es sich nicht um beruflich bedingte Reisezeit und der Arbeitnehmer kann dementsprechend keinen Lohn dafür verlangen. Wie viel Reisezeit das Unternehmen dem Mitarbeiter genau erstatten muss, hat nun das Landgericht zu ermitteln.
Rechtsprechung wird arbeitnehmerfreundlicher
In Bezug auf die Arbeitszeiten fällt auf, dass das BAG zunehmend arbeitnehmerfreundlicher urteilt. Bereits vor einiger Zeit hat der 5. Senat entschieden, dass die Zeiten für das Anlegen der Arbeitskleidung ebenfalls als Arbeitszeit zu werten sind.
Durch das aktuelle Urteil werden allerdings neue Fragen aufgeworfen. So sind manche Reisezeiten (speziell bei Fernreisen) sicher länger, als die zulässige Höchstarbeitszeit pro Tag. Hier werden zukünftige Urteile Klarheit schaffen müssen.
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